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Heute ist ein ganz besonderer Moment

Heute ist ein ganz besonderer Moment: Es startet der erste Lehrgang Fachausbildung für medizinisches Gipsfachpersonal - FAMGI

Mit diesem neuen Lehrgang wird ein wichtiger Meilenstein in der Qualifizierung von Fachpersonen gesetzt, die in der Versorgung von Patientinnen und Patienten eine zentrale Rolle übernehmen.

Die Fachausbildung wurde in enger Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Vereinigung des medizinischen Gipsfachpersonals (SVmG) entwickelt und umgesetzt. Wir haben mit Andrea Portmann, der Präsidentin des SVmG, gesprochen und über die Bedeutung dieser Ausbildung, die Professionalisierung des Berufs und die Zukunft des Gipsfachpersonals gesprochen.

Andrea, wie fühlst du dich, nun den allerersten Lehrgang offiziell starten zu können? Was bedeutet dieser Moment für Dich persönlich und für die SVmG?

«Es ist ein stolzer und freudiger Moment, dass der Lehrgang nun offiziell startet – fast nicht in Worte zu fassen. In den letzten Jahren haben viele engagierte Personen im Hintergrund mitgewirkt, damit dieser Lehrgang heute in dieser Form stattfinden kann. Ihnen gebührt ein grosser Dank.

Für mich persönlich und für die SVmG ist dies ein Meilenstein in der Zukunft des medizinischen Gipsens. Viele heute etablierte Ausbildungen haben einst klein begonnen – wir sehen darin eine grosse Chance für eine fundierte und anerkannte Ausbildung in der Schweiz.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1992 hat die SVmG in den Statuten verankert, dass sie sich für die Weiterbildung des Fachpersonals einsetzt. Mit dem heutigen Start der Gipsfachmann- und Gipsfachfrau- Ausbildung wird nun ein neues Kapitel in der Vereinsgeschichte aufgeschlagen.»

Warum ist dieser Lehrgang aus Deiner Sicht so wichtig für die Branche und die Fachpersonen im Bereich Gipsverbände?

«In der heutigen Zeit, geprägt von Fachkräftemangel, Spardruck und hoher Arbeitsbelastung, tragen Fachpersonen eine grosse Verantwortung. Durch das Wissen und die Kompetenzen, die im Lehrgang vermittelt werden, erhält man die besten Voraussetzungen, um Patientinnen und Patienten optimal zu versorgen.

In vielen Einrichtungen arbeiten die Gipsteams bereits sehr autonom und übernehmen viel Verantwortung, da sie zahlreiche Patientinnen und Patienten ohne ärztliche Konsultation betreuen. Sie applizieren nicht nur die verordneten Gipsverbände, sondern beraten und unterstützen die Betroffenen sowie deren Angehörige umfassend – von A wie Arztzeugnis bis Z wie Zehennägel schneiden.

Was hat das mit der Ausbildung zu tun? Sehr viel. Bei einer Person mit Diabetes beispielsweise ist es entscheidend, wer die Zehennägel schneidet, um Infektionen oder Druckstellen zu vermeiden. Das frühzeitige Erkennen solcher Details kann Komplikationen verhindern, die Patientenzufriedenheit erhöhen und gleichzeitig Folgekosten reduzieren.

Ich bin überzeugt, dass dieser Lehrgang dem Personal mehr Sicherheit vermittelt – was wiederum zu weniger Unsicherheit und Stress im Berufsalltag führt. Fachpersonen können fachlich argumentieren, individuell beraten und gezielt unterstützen. Komplikationen werden früher erkannt, wodurch die Qualität der Versorgung steigt und die Gesundheitskosten sinken.

Kurz gesagt: Das gesamte Gesundheitssystem profitiert von dieser Ausbildung.»

Welche Kompetenzen und Entwicklungen werden den Teilnehmenden damit ermöglicht?

«Durch den Abschluss des Lehrgangs erhalten die Teilnehmenden die Möglichkeit, auch ohne eine HF-Ausbildung das erforderliche Fachwissen zu erlangen. So kann beispielsweise eine Person mit dem Abschluss als Lagerungspfleger oder Lagerungspflegerin die Ausbildung absolvieren und sich dadurch die notwendigen Fachkenntnisse und Kompetenzen aneignen. Dies eröffnet neue Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt.»

Wo siehst du langfristig die Rolle des Lehrgangs in der Aus- und Weiterbildung von Fachpersonen?

«Langfristig hoffe ich, dass diese Ausbildung von Arbeitgebern anerkannt wird und die wertvolle Arbeit, die an der Basis geleistet wird, mehr Beachtung findet. Zudem sollte erkannt werden, dass die Ausbildung von Fachpersonal das gesamte Gesundheitssystem unterstützt. Schauen wir über die Grenzen hinaus, so ist die Gipsfachmann- und Gipsfachfrau- Ausbildung in den Niederlanden ein Vorbild und ein Ziel, das wir ebenfalls erreichen möchten. Dort ist die Ausbildung ein fester Bestandteil des Klinikalltags.»

Was wünschest Du dir für die erste Durchführung konkret?
«Ich erhoffe mir, dass die Teilnehmenden aktiv mitmachen, viele Fragen stellen und uns auch kritisch hinterfragen. Unser Ziel ist, dass sie anschliessend ein fundiertes Wissen in Theorie und Praxis besitzen und das Gelernte sicher anwenden können.»

Welche Perspektiven eröffnet der Lehrgang für die kommenden Jahre – für Teilnehmende, Arbeitgeber und den Verband?

«Wir erhoffen uns, dass der Lehrgang in Zukunft regelmässig durchgeführt wird und eine grosse Gruppe von Gipsfachleuten – sowohl Männern als auch Frauen – hervorgebracht wird. Zudem wünschen wir uns, dass die Absolvierung dieser Ausbildung künftig eine Voraussetzung für die Arbeit in einem Gipszimmer, Operationssaal oder auf einer Notfallstation ist.

Für den Verband sehen wir in der fundierten Ausbildung eine Chance, uns zu stärken und zu wachsen. Wir hoffen, dass wir dadurch in Zukunft viele neue Mitglieder begrüssen können und uns vermehrt auf die Fortbildung sowie auf Kongresse nach der Ausbildung fokussieren können.»

 

Wir bedanken uns herzlich für das Interview.